Samstag, 7. Februar 2009

J.S.Bach

Unverkennbar bei Bachs Musik ist die Entwicklung zum Analytischen und Rationalen. Ein paar grundlegende Ideen, Formen und Gesten waren sein aus dem Unterbewusstsein gespeistes Startkapital gewesen. Von einem bestimmten Punkt an – so etwa um 1720 – muss er bemerkt haben, dass sich in ihm etwas Gott-Inspirationsfernes längst eingeschlichen hatte. Gottes dunkle Herrlichkeit, aus der heraus sein kraftvolles Werk entstand, musste ihn, ohne dass der Gedanke sein Glaubensfundament in Frage stellte, im Zusammenhang mit seiner Kunst nun nicht nur wie der authentische Klang einer göttlichen, inneren Stimme anmuten, sondern plötzlich wie eine Art Kompromiss erscheinen - gebunden an die äußerlichen, sozialen Bedingungen. Er wusste, dass er all das, was in ihm als produzierendes Element war, nur erhalten würde, würde er es immer wieder im Lichte musikrationaler Erkenntnisse spiegeln.
Wenn der Gemeinplatz vom Künstler, der ab einem bestimmten Zeitpunkt sich immer wiederholen muss, gedankenlos in den Raum geworfen wird, wird oftmals dieser schwer auf Begriffe zu bringende Prozess zum Rationalen hin vergessen. Ohnehin ist die reflexionsarme Anbetung bei Hörern klassischer Musik weit verbreitet, was zum Beispiel die unglaublich zahlreichen Einspielungen von Opern von Händel oder Konzerten von Vivaldi erklärt. Sogar über ihre Gräber hinaus überlebt ihre einst schlaue Geschäftemacherei mit der Popmusik des 18. Jahrhunderts. Heutige Stars wie beispielsweise Michael Jackson stürzen ab (und stürzen immer tiefer), weil sie immer wieder die im Verborgenen arbeitenden Energien hervorlocken wollen. Dabei haben sie das prometheische Feuer ja schon längst ans Licht gebracht – und ihr Zorn, ihre Trauer, der Jubel und die Hybris sind als Ursprungskräfte längst verraucht.

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