Donnerstag, 5. März 2009

Terminator

Etwa vor einer Woche gesehen: Terminator zwei, Tag der Abrechnung. Wahrscheinlich das fünfte Mal gesehen. Drei Grundelemente der Filmsprache fielen mir auf.
1. Die Gesichter der Schauspieler drücken sehr starke (eigentlich immer übertrieben starke) Emotionen aus. Dieses Element hat sich seit den Zeiten des Stummfilms überhaupt nicht gewandelt. In den Gesichtern steckt stets die ganze affektive Energie der Bildersprache. Erst die Mimik reißt den passiven Zuschauer in ein ungeheuerliches Beteiligsein. Die besondere Dialektik beim Terminator-Film ist, dass die von Schwarzenegger gespielte Maschine (Frankenstein-Motiv, Rückgriff auf die Romantik) kaum Mienenspiel aufweist. Das Gesicht ist unbeweglich, indolent. Steht im Kontrast zu den Gesichtern der Menschen, die stets am Rande einer Hysterie sich befinden. Das „menschliche“ Gesicht der Maschine fängt die grellen und schrillen Affekte der ihm fremden menschlichen Wesen auf (Fremd, weil er nie begreift, wie Emotionen entstehen. Die Affekte sind aber nicht nur für die Maschine der eigentliche Skandal im Leben). Hinter dieser Dialektik lauert das kollektive Wunsch-Bild einer automatisierten, aber dafür funktionierenden, väterlichen Autorität. Das Versagen der amerikanischen Präsidenten ist das Versagen der Überväter.
2. Die Gestensprache. Kodiert. Manchmal automatisiert. Beispiel: Der Junge macht einmal das Zeichen der NBA-Schiedsrichter und ruft „OK, Auszeit“. Um 1920 herum wäre eine solche Geste nicht möglich gewesen. So wie manche Gesten heute (vor allem im Zusammenhang mit romantischen Szenen) aus der Stummfilmzeit (weil der Diskurs um Sexualität im Film noch nicht geführt wurde) völlig fremd, ja unfreiwillig komisch und grotesk anmuten.
3. Der Film operiert dauernd mit dem Bildausschnitt. Das heißt, dass dieser suggeriert, dass außerhalb seines Radius das Eigentliche, das Entscheidende passiert. Und dass es bald geschieht (Immer gibt es den kurzen spekulativen Sprung in eine Zukunft, der dann aber gleich von der Gegenwart eingeholt wird).
Dazu zwei Überlegungen.
A: Terminator gilt nicht als Kunst. Der Film ist Mainstream, er ist Hollywood, er dient also der Zerstreuung. Feststellung: Mit einem traditionellen Kunstbegriffverständnis kommt man nicht sehr weit. Offensichtlich braucht man hier eine Poptheorie, die umreißen kann, wie der Film sich (oftmals unbewusst) Anleihen aus der Tradierung von Drama und Tragödie erlaubt – sie verwandelt. Oder sogar unfreiwillig daran erinnert, wie es einmal war, 1678 in einem Versailler Theater zu sitzen und von einer Tragödie von Racine ergriffen zu werden (Die Tragödie der Maschine, die begreift, dass sie nie ganz Mensch sein kann - und sich dann selbst zerstört. Schöner, anrührender Augenblick im Terminator-Film. Die hemmungslose Trauer des Jungen, der – ja, was? – den Kameraden, den Vater, das andere oder seine eigene Schöpfung? verliert).
B: Der Film, so der französische Philosoph Bergson vor hundert Jahren, weist auffällige Ähnlichkeit mit der Struktur unseres Denkens auf. Jede Bewegung speist sich aus unzähligen Standbildern. Ergo aus Bewegungslosigkeit, Stillstand puzzelt das Auge (das sehende Denken) die sich bewegende Wirklichkeit zusammen. Das bedeutet wiederum: Jeder Denkvorgang setzt einzelne intellektuelle und sinnliche Eindrücke zusammen. Der Film, so Bergson, kopiert diesen Vorgang. Hinzufügung: Deswegen entsteht auch oft die emotionale Nähe beim Schauen. Einen kleinen Augenblick können wir nicht mehr sehen, dass das Dargebotene Fiktion, Inszenierung ist. Wir halten es für ein Abbild der Realität. Beziehungsweise vergessen wir, dass wir in einem „Theater“ gewesen sind.
C: Beide Terminator-Filme (ja, ich weiß, es gibt einen dritten, aber den beziehe ich jetzt nicht mit ein) enden in einer Fabrik. Unbewusst (oder mehr: unfreiwillig) ein metaphorischer Verweis auf Shelleys Frankenstein, der während der heißen Industrialisierungsphase (um 1820 herum) entstand. Die Menschmaschine kehrt an den Ort ihrer Herstellung (Geburt) zurück, beziehungsweise an einen Ort, der auf die Fabrikation von mechanischen Geräten spezialisiert ist. Durch diese Rückkehr entsteht eine dramatische Überspitzung, die wiederum die symbolische Überhöhung mit einbezieht.

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