Donnerstag, 5. März 2009

Kafka

Die große Selbstgewissheit Kafkas beim Schreiben, das unbedingte Begehren dabei, gepaart mit der stilistischen Sicherheit, seinem guten Geschmack, dem feinen künstlerischen Gespür, seiner wachen Intelligenz, seiner schönen Feinfühligkeit (und Aufrichtigkeit!), erscheint, wenn man Kafkas Schreiben mit dem Prozess der schöpferischen Arbeit anderer zeitgenössischer Schriftsteller vergleicht (und ihre Gaben und Ausführungen im Lichte seiner Literatur betrachtet), tatsächlich atemberaubend einzigartig. Wie er sich in dieses Schreiben hineinstürzte, ist deshalb so bemerkenswert, weil er die Affekte, die vor und während des Verfassens entstanden, in das Textgerüst so natürlich integrierte, dass sie einen ganz speziellen Charakter von Reinheit erhielten, der bis heute so viele bezaubert.
Die mühevolle Bastelarbeit an der Form, das Ringen um den „wahren“ Ton, das Bemühen um emotionale wie intellektuelle Aufladung im Satz: All das kann man auch als leise Unsicherheit werten, die Thomas Mann, Hofmannsthal oder Rilke von Zeit zu Zeit befielen. Dabei zweifelt man ihr fraglos großes Können gar nicht an, aber das gelegentliche Erschlaffen des Schreibbegehrens verursachte auch eine Anstrengung, hinter der ein Gelangweilsein lauerte (Andre Gides Tagebuch krankt etwa um die Jahre 1903,1904 und 1905 an dem Konzept der Erlebnisaufzeichnung, was dem Verfasser spürbar Mühe bereitet; sein Interesse, einen Teil der Realität ‚abzuschreiben’, ist eigentlich erloschen). Das Ausleben narzisstischer Züge (im Text und im Leben) kompensierte schließlich diese Unsicherheit.

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